Letzten Samstag war der erste Workshop seit langem wieder. Danke an die Teilnehmer, es war sehr bereichernd und inspirierend. Es kamen spannende Fragen auf.
Zum Beispiel:
Warum stehst Du (also ich Claudia) dem Horsemanship so sehr skeptisch bis negativ gegenüber.
Der Begriff an sich ist ja erstmal überhaupt nicht negativ. Wörtlich übersetzt heißt er soviel wie PferdeMenschenKunst. Oder so ähnlich.
Eigentlich ist es einfach gesagt die Übersetzung für den fairen Umgang zwischen Mensch und Pferd und beschreibt eine innere Haltung dem Pferd gegenüber. Pferdefreundlich, respektvoll, verständnisvoll und kenntnisreich im Umgang mit dem Pferd. Eigentlich…Horsemanship sollte also eine innere Einstellung sein. Bedeutet, die Pferde zu lesen, sie zu verstehen und so zu handeln, dass sie die Menschen verstehen können, um eine feine Beziehung aufzubauen.
Die sogenannten Horseman, also Cowboys, haben vermutlich durch das Beobachten von Pferdeherden und ihr Verhalten diese Form des Trainings entwickelt. Ein Training, das mit Druck und dem Nachlassen von Druck arbeitet. Das ist ja erstmal in Ordnung, wenn es zu Typ und Persönlichkeit von Pferd und Mensch passt, denn es liefert Klarheit für beide Seiten. Richtig angewandt wohlgemerkt.
Soweit die Theorie…. Leider hat der Begriff Horsemanship für mich einen sehr bitteren Beigeschmack bekommen. Durch fragwürdige Methoden, die unter dem Namen Horsemanship vermarktet werden, allerdings mit dem wirklichen Gedanken dahinter nichts gemein haben. Anleitungen zu sogenannten Spielen. Aufforderungen zu sinnlosem Gehetze durch RoundPens, gefügig machen des Pferdes durch massiven Druck am Knotenhalfter und dem Seil, der dazu viel zu stark ist und sehr oft nicht im richtigen Moment aufhört. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, man dürfe Pferde nicht ansehen. Trainer wie Parelli und Roberts haben es, durch unfassbar gute Vermarktungsstrategien, geschafft, Massen von Menschen in ihren Bann zu ziehen. Leider steht dort das Pferdewohl oft an letzter Stelle. Hauptsache, die Kasse klingelt und die Menge johlt. Das Ergebnis sind mehr als einmal Pferde, die in erlernter Hilflosigkeit ihr Dasein fristen und sich aufgegeben haben. Zum Roboter werden. Ein gutes Beispiel sind die diesjährigen Sieger einer Veranstaltung, die unter dem Deckmantel des Tier- und Artenschutzes, Mustangs importiert und diese nach drei!!! Monaten Training dem johlenden Publikum präsentiert. Pferde wie Totilas, der als Marionette sein jämmerliches Leben fristen musste und keinerlei Lebensfreude mehr in seinen Augen hatte. Oder auch auffällig aggressive Pferde, die gelernt haben, dass sie deutlich dem Menschen an Stärke überlegen sind. So wie Nelli (ihre Geschichte ist nachzulesen in meinem Buch „Im Dialog mit Nelli“) oder aktuell Flora, eine kleine schwer traumatisierte Stute, die mit jeglichem Menschenkontakt abgeschlossen hatte und ihr Leben bis aufs Blut verteidigen wollte. Gezielt gebissen, getreten und auf Angriff gegangen ist.
Jedes Pferd hat, wie jeder von uns Menschen, einen eigenen Charakter und eine ganz eigene individuelle Energie. Eine eigene Lebensgeschichte und genetische Anlagen. Wie sollte es dann funktionieren können, jedes Pferd nach der Methode und Schema F auszubilden? !
Neben dem Horsemanship stehen die Verfechter der NUR positiven Verstärkung und des Konditionierens mittels Clicker. Auch eine Möglichkeit Pferde auszubilden. Ursprünglich aus dem Medical Training entstanden und dann weiter entwickelte Methode zur Erziehung durch Konditionierung auf das Richtige. ( richtig aus Menschensicht) Ein Ansatz, der im richtigen Timing ausgeführt, eine feine Sache sein kann. Genau wie Horsemanship.
Was ich damit meine?
Es gibt nicht nur schwarz oder weiss. Nicht jeder kann alles, oder hat das KnowHow zum richtigen Timing. DAS nämlich ist unabdingbar für jeder Art von Konditionierung, Erziehung, nennt es wie ihr wollt.
Ob (um bei dem Begriff zu bleiben) im Horsemanship oder beim Clicker Training, oder der Ausbildung eines Tieres überhaupt. Das Timing zählt.
Um in eine echte, tiefe Beziehung zu gehen, bedarf es aus meiner Sicht viel mehr eine gute Beobachtungsgabe, das Gegenüber sehen und fühlen zu lernen. Ich sehe Dich! Ein geflügelter Spruch aus dem Film Avatar.
Es bedarf den Mut, vielleicht Fehler zu machen und diese auch dem Gegenüber einzugestehen.
Es bedarf Humor, um auch einmal herzhaft über sich selbst lachen zu können. Vielleicht auch Kreativität um neue Wege auszuprobieren.
Wir bekommen in jedem kleinsten Moment eine Rückmeldung unseres Gegenübers, ich nenne es gerne Mikrokommunikation. Diese ist sehr vielfältig. Denn wir alle reden mit unseren Körpern, unserer persönlichen Energie und unserer Mimik, ob Mensch oder Tier. Fast pausenlos.
Wer in eine echte Beziehung gehen will, hört zu, wartet ab, bleibt bei sich und formuliert seine Wünsche so, dass das Gegenüber diese verstehen kann. Anfangs ist das vielleicht ein bißchen Körperchinesisch, also unverständlich. Aber nur Mut, raus aus der Komfortzone, dann wird das schon.
Ein wichtiger Tipp aus meiner Sicht noch:
Manchmal ist es nötig sich den eigenen Raum freizuhalten, manchmal darf dieses auch mit Nachdruck geschehen, wenn das Gegenüber einen infrage stellt. Die Kunst dabei ist doch KLAR und Deutlich seine Wünsche zu formulieren, in sich selber freundlich und weich zu bleiben.
Das halte ich auch in der Pferdeausbildung so.
Pferde folgen demjenigen gerne, bei dem sich sich sicher fühlen. Auf den sie sich verlassen können, der einfach gesagt die Herde anführt. Der sie aber auch mit dem Herzen sieht. Egal ob er ein Seil oder einen Clicker oder was auch immer in der Hand hat.
Derjenige, der seinem Gegenüber keine Stimme zugesteht und rücksichtslos seinen Willen durchsetzt, ist kein Anführer. Denn dieser dominiert, traumatisiert und bricht sein Gegenüber, um seinen eigenen Willen durchzusetzen. Ohne Rücksicht.
Noch ne Frage: Ist es möglich mit einem Pferd eine Partnerschaft auf Augenhöhe einzugehen, in der die Pferde ganz von alleine, ohne Führung auf die Idee kommen rücksichtsvoll und höflich mit dem Menschen zu agieren? ( Diese Frage fand ich besonders spannend)
Antwort aus meiner Sicht. NÖ.
Manche Pferde sind ja von Natur aus höflich, aber auch die werden nach kurzer Zeit versuchen selber die Führung zu übernehmen. Und das kann dann für uns Menschen ganz schön in die Hose gehen, wenn sich Pferd nicht sicher bei mir fühlt, so als Fluchttier und eine Gefahrensituation kommt.
Denn wir Menschen formen die uns Anvertrauten!