Was ist das eigentlich, diese Achtsamkeit?
Neben meiner Tätigkeit als Reitlehrerin und Coach schlägt mein Herz für die tiergestützte Persönlichkeitsentwicklung, respektive Achtsamkeitstraining. Für mich verbinden sich diese beiden Begriffe grandios, denn ohne Achtsamkeit keine Entwicklung.
Seit vielen Jahren helfen mir bei dieser Reise meine eigenen Tiere, allerdings nicht alle. Nur die, die wollen! Manchmal auch die, die nur auf Zeit hier waren. Quasi als eigene kleine equine Persönlichkeitsentwicklung 😉
Nicht jedes Pferd ist für alle Themen geeignet. Und nicht wenige Tiere eignen sich gar nicht zur Arbeit mit den Menschen. Denn diese erfordert nicht nur vom Menschen als Coach, sondern auch in hohem Maße von den Tieren Motivation, einen sehr stabilen Charakter und ein Bewusstsein für die an sie gestellten Aufgaben. Eine große Freude am Zusammensein mit Menschen.
Das wichtigste ist meines Erachtens dabei ein stabiles Umfeld, in dem sich, auch und vor allem in der Freizeit, alle sicher und geschützt bewegen können, eine klare Familienstruktur aufbauen und somit jeder einzelne seinen individuellen Charakter klar entwickeln kann.
Nicht dominant erzogen oder konditioniert ist. Signifikant wichtig dabei ist Höflichkeit und Respekt. Und Humor. Übrigens von allen Seiten. Manchmal kann es im Zusammenleben natürlich auch mal „krachen“, je nach Charakter der Beteiligten. Wichtig für mich: Ich durfte lernen, niemals mit Emotionen wie Enttäuschung oder Wut mein Gegenüber zu werten. Sondern immer nur aus dem Moment zu handeln, kurz und knackig wieder die Balance für mich herzustellen.
Manche Menschen reagieren auf emotionalen Stress mit Wut und Härte und werden sehr unfair, manche ziehen sich zurück, leiden still.
Genauso geht es unseren Pferden.
Werden diese Bedürfnisse nicht gesehen und respektiert, sind Krankheit und / oder Verhaltensauffälligkeiten vorprogrammiert.
Dazu kommt, dass Pferde, die uns emotional eng verbunden sind, unsere Energie aufnehmen.
Und tatsächlich durch diesen, für sie, emotionalen Stress, auch krank werden können.
Dieses Phänomen erlebe ich schon mein ganzes Leben, seit Jahren schaue ich nicht nur auf die Gesundheit meiner Tiere, versorge sie natürlich, wenn nötig, durch Tierarzt oder Therapeuten meines Vertrauens.
Nein. Ich schaue auch auf mich.
Reflektiere, resümiere, löse und erkenne dadurch, wo ich stehe und wie ich mich weiter entwickeln möchte.
Eigentlich ganz einfach. Die Tiere lesen unsere kleinsten, feinsten Signale, auch die, die wir unterbewusst aussenden. Jeder einzelne Gedanke, den wir denken bringt, eine Energie mit sich. Oft nehmen wir Gedanken mit, hängen an ihnen, können uns nicht lösen. Blockieren uns quasi selber.
Wobei natürlich auch jedes Tier eine eigene Geschichte mitbringt.
Ein kleines Beispiel? Eine Dame kommt (als Begleitung für eine Kundin) mit in die Herde. In der Arbeit mit der Kundin könnte es nicht schöner laufen. Allerdings hat ihre Begleiterin eine unterschwellige Aggression in sich, die fast greifbar ist. Es ist wie eine graue Wolke. Während ich mit der Kundin und Prinz arbeite, braut sich hinter uns etwas zusammen. Auf eindeutige (kleinste) Signale der Dame (verbal und durch Gesten) kommt Habakuk zu ihr. In ihren Augen ZU nahe. Ehe ich auch nur Piep sagen kann, wird der arme Habakuk vehement und sehr aggressiv zurückgeschickt. Daraufhin habe ich natürlich eine ganz klare Grenze gesetzt, um meine Tiere zu schützen, denn Habakuk hat ja nichts „Falsches“ gemacht, er hat lediglich ihre Aufforderung angenommen. In der Zwischenzeit kommt der Ponymann von hinten, riecht an der Kniekehle der Dame, sie dreht sich sehr aggressiv um und will ihn ebenso vehement wegschicken wie vorher Habakuk. Ihr Argument war: Die sind in meinen Bereich gedrungen, haben mich bedrängt, dies ist mein Bereich usw. Je mehr sie darüber redete, desto wütender wurde sie.
Ich habe ganz klar nochmal betont, dass 1. dies nicht ihre Stunde ist und 2. hier niemand meine Pferde erzieht, sowie 3. wenn sie diesen Moment nicht aushalten kann, darf sie gerne draußen warten. Was war passiert? In Wirklichkeit ging es nicht um mich oder meine Pferde, die vermeintlich zu nahe waren. Auf Nachfrage später wurde sehr schnell klar, dass der gesamte Tag vorher eine einzige Katastrophe war. Sie vermutlich durch die Situation in der Herde unterbewusst getriggert wurde, also quasi ihr „etwas vor Augen geführt wurde“ (ich würde lieber sagen vors Herz). Daraufhin hat sie reflektorisch agiert.
Was meine ich damit?
Wir schleppen oft viel zu viel alten Ballast mit. Denken viel zu lange über Dinge nach, die Stunden oder vielleicht Tage vorher passiert sind, uns ungemein aufgeregt oder berührt haben. Die uns Angst machen, ausbremsen, zweifeln lassen. Und dann kommt da so ein Gegenüber, das reinen Herzens unsere Ausstrahlung oder Energie spiegelt. Sie quasi auf uns zurückwirft. Na ja, dann gibts zwei einfache Möglichkeiten!!
— 1. Beleidigt auf dem Absatz kehrt machen und auf das blöde Vieh schimpfen (respektive dem doofen Menschen), dem endlich mal Manieren beigebracht werden müssen! — oder
— 2. Innehalten, nachdenken, lachen (ok vielleicht auch mal heulen) Nase putzen, es nicht persönlich nehmen und in Kontakt gehen. Vielleicht den Umgang mit gewissen Gegenübers abbrechen, wenn sie uns nicht guttun. Um dann die schönen Momente ohne Zweifel und Angst genießen zu können. Welche Variante bevorzugt wird, liegt ganz im Ermessen jedes Einzelnen.
Ich habe mich in meinem Leben für die zweite Variante entschieden. Ganz bewusst. Auch wenn es manchmal anstrengend ist.
Meine feste Überzeugung: Jeder kann sich jeden Moment entscheiden.